Das System des Ptolemaios, unbekannter mittelalterlicher Künstler, wikimedia commons

Die Elemente lassen sich in der abendländischen Philosophie bis zu Thales von Milet, Anaximenes, Heraklit und schließlich Empedokles zurückverfolgen, wobei die Erstgenannten sich uneinig waren, welches der vier Elemente das Urelement sei. Empedokles schließlich fügte zu der Vorstellung, die Elemente seien so etwas we die heutigen Aggregatzustände noch die Idee hinzu, dass diese substanziellen Charakter haben und damit als Grundbausteine dienen, welche in individueller Zusammensetzung die verschiedenen Stoffe der Materie hervorbringen. Außerdem ordnete Empedokles die Elemente zunächst vier griechischen Gottheiten zu. Dadurch bekamen sie nicht nur (Human-) medizinische Eigenschaften, sondern auch über ihren Zuständigkeitsbereich in der menschlichen Sphäre, psychologische Eigenschaften. Platon fügte den vier Elementen ein fünftes, den sog. Äther hinzu und assoziierte mit jedem einen geometrischen Körper.

Die Stoiker führten in das Konzept den Begriff des Pneuma ein und machten Feuer und Luft zu pneumatischen, d. h. aktiven Elementen, während Wasser und Erde als passiv betrachtet wurden.

Weitere Zuordnungen finden sich im Bereich der christlichen Bibel: So werden zum Teil die vier Elemente mit den vier Flüssen aus dem Garten Eden (Pison, Gihon, Hiddekel, Euphrates) assoziiert. Eine auch für die Alchemie bedeutsame Gruppe von Korrespondenzen bildet der sog. Tetramorph aus der Vision Hezekiels: Das engelhafte Wesen mit den Köpfen eines Menschen, eines Löwen, eines Adlers und eines Stiers (respektive Luft, Feuer, Wasser, Erde) wurde mit den vier biblischen Evangelisten des neuen Testaments in Verbindung gebracht: Matthäus (Mensch), Markus (Löwe), Lukas (Ochse), Johannes (Adler). Diese Zuordnung ist die gemeinhin akzeptierteste, welche Victorinus von Pettau zurückgeht und im Book of Kells verwendet wurde.  Es gibt aber auch andere, zum Teil wesentlich verschiedene Zuordnungen.

Die vier Evangelisten, Book of Kells, online hier.

Den vier Elementen werden zudem nach vielfältigen Eigenschaften unterteilt wie Hitze, Trockenheit, Bewegungsdynamik, Aggregatzustand. Die Elemente spielen auch eine Rolle bei der Säftelehre Galens (Humoralpathologie) sowie den Temperamenten: sanguinisch (Luft), cholerisch (Feuer), phlegmatisch (Wasser) und melancholisch (Erde).

So wie die Jahreszeiten, die Mondphasen und die planetaren Stunden gibt es auch bei den vier (bzw. fünf) Elementen Gezeiten, welche in der Ogdoadischen Tradition Velocia, die „Raschen“ genannt werden, da sie innerhalb von 24 Minuten wechseln.

In der Alchemie bilden die Elemente eigene Schöpfungskräfte aus der die drei alchemistischen Prinzipien hervorgehen: Den Elementen zugrunde liegt die Prima Materia, die sich in die beiden Polaritäten Niter und Sal differenziert. Niter wiederum differenziert sich zu den aktiven Elementen Feuer und Luft aus, während Sal zu Wasser und Erde wird. Erde und Wasser bilden dabei das Prinzip des Salzes, Feuer und Luft erzeugen den alchemistischen Sulphur, während Wasser und Luft den Merkurius bilden.

aus: Jean Dubuis, Fundamentals of Esoteric Knowledge. Triad Publishing

Auf dem kabbalistischen Lebensbaum tauchen die Elemente in der hermetischen Kabbalah auf verschiedenen Ebenen auf: auf der sublunaren Ebene, der Welt von Assiah (Malkuth, mit den Farben der Königinskala citrin, rostbraun, oliv, schwarz), der astralen Welt Yetzirah (Yesod-Luft, Hod-Wasser, Netzach-Feuer) sowie der archetypischen Welt Briah (Tiphareth-Luft, Gevurah-Feuer, Chesed-Wasser).

In der Hochmagie wurden die sublunaren Kräfte im Vergleich zu den viel mehr betonten planetaren Kräften oftmals als eher vernachlässigbar betrachtet, als notwendiges Durchgangstor zum Element der Quinta Essentia, des Äthers oder des Geistes. Allenfalls leidlich brauchbar für praktische Magie im Bereich des Hervorbringens von Wirkungen auf der materiellen Ebene. Betrachtet man die obigen Zuordnungen, wird deutlich, dass elementare Zuordnungen bei der Manifestation in drei der vier kabbalistischen Welten eine Rolle spielen. Damit sollte die Rolle der vier Elemente nicht vernachlässigt werden. Außerdem befasst sich der Text eines als so bedeutsam eingeschätzten Dokuments wie die Tabula Smaragdina, die immerhin Hermes Trismegistos selbst zugeschrieben wird, im Prinzip ausschließlich mit den Elementen. Das Netzwerk an Korrespondenzen mit den Elementen bietet in jedem Fall ausreichend Material für eigene Meditation und Praxis.

Die westlichen Glyphen für die vier Elemente, welche in den östlichen Systemen auf Sanskrit Tattwas genannt werden, lassen sich aus dem Hexagramm ableiten, einem Stern, der durch ein aufsteigendes (Apex oben) und ein absteigendes Dreieck (Apex unten) gebildet wird. Das Hexagramm symbolisiert die Vereinigung polarer Gegensätze, eine Deutung davon ist die Vereinigung des Weiblichen (Absteigendes Dreieck, Wasserelement) mit dem Männlichen (aufsteigendes Dreieck, Feuerelement). Aus der Überschneidung lassen sich zwei weitere Dreiecke ableiten: Ein aufsteigendes mit einem Strich durch das obere Drittel (Luftelement) sowie ein absteigendes mit einem Strich durch das untere Drittel (Erdelement). Durch die Glyphen ergibt sich ebenfalls eine Verwandtschaft zwischen Feuer und Luft sowie Wasser und Erde.

Die Elemente plus die Quinta Essentia werden nicht auf einem Hexagramm angeordnet, das ja sechs Spitzen hat, sondern wie unten dargestellt, auf einem Pentagramm.

Im Tempel der Westlichen Mysterientraditionen werden die Elemente in aller Regel nach den vier Winden in einem dynamischen Kreis angeordnet. Die Vier Winde sind im Griechischen Euros (Ostwind, Luftelement), Notos (Südwind, Feuerelement), Zephyros (Westwind, Wasserelement) und Boreas (Nordwind, Erdelement). Das Element der Quinta Essentia (des Äthers, des Geistes) wird demnach der Mitte zugeordnet. Diese Anordnung sorgt für ein dynamisches Gleichgewicht der Elemente im Tempel, da sich gegensätzliche Elemente (Feuer-Wasser; Luft-Erde) auf diese Weise nicht neutralisieren.

Die in diesem Artikel genannten Korrespondenzen und Assoziationen sind keineswegs erschöpfend dargestellt. So, wie es bei echten Symbolen eben nicht möglich ist, da sie immer einen Bedeutungsüberschuss aufweisen (C. G. Jung).

In den folgenden Beiträgen soll jedes Element für sich genommen betrachtet und seine Symbolik angereichert werden, ergänzt um einige persönliche Erfahrungen aus dem Kontakt mit den die Elemente regierenden Archonten der ogdoadischen Tradition.